Regelungstechnik

Ansprechpartner

Prof. Dr. Abid Ali
Tel.: 09721 940-6701
E-Mail: abid.ali[at]fhws.de

Beschreibung

Die Arbeitsgruppe Regelungstechnik befasst sich mit der Modellierung, Regelung und Diagnose von dynamischen Systemen, insbesondere von elektrischen Antriebssystemen und Energienetzen.

Die untersuchten Antriebe reichen von Motoren mit geringer Leistung bis hin zu Traktionsantrieben im Automobilbereich. Dabei stehen die geberlose Regelung und die direkte Stromregelung dieser Antriebssysteme im Fokus der derzeitigen Untersuchungen. Die Regelverfahren werden zunächst in Simulationen entwickelt und auf Robustheit und Stabilität in unterschiedlichsten Betriebspunkten geprüft. Es stehen jedoch auch diverse Prüfstände in unterschiedlichen Leistungsebenen zur Verfügung, um die Algorithmen in der Praxis zu verifizieren. Die verwendete Entwicklungsumgebung wird dabei projektspezifisch ausgewählt und erstreckt sich von einfachen Mikrocontrollern über hochwertige Echtzeitrechensysteme bis hin zu leistungsstarken FPGAs.

Projekte

Geberlose Drehzahl- und Positionsregelung

Der permanenterregte Synchronmotor (PMSM) kommt in einer Vielzahl von Anwendungen zum Einsatz (z. B. Automotive, Robotik, …). Aufgrund seiner vorteilhaften Eigenschaften im Hinblick auf die Leistungsdichte und die Energieeffizienz vergrößert sich das Anwendungsgebiet stetig. Für eine energieeffiziente Regelung dieser Motoren muss eine Information über die aktuelle Rotorposition vorliegen. Diese wird üblicherweise durch einen Rotorlagesensor erfasst. Der steigende Kostendruck und ein erhöhter Bedarf an ausfallsicheren Antriebssystemen sorgen für den Wunsch, die Anzahl der verwendeten Sensoren in elektrischen Antriebssystemen zunehmend zu minimieren. Gerade bei kleineren Motoren kann der Rotorlagesensor einen signifikanten Anteil an den Systemkosten tragen. Abhilfe schafft hierbei die geberlose Regelung, welche die Rotorposition mit Hilfe der ohnehin gemessenen Phasenströme modellbasiert rekonstruiert und somit den Rotorlagesensor einspart.

Die Arbeitsgruppe untersucht und erforscht verschiedene dieser geberlosen Verfahren, oft auch als sensorlose Verfahren bezeichnet, für unterschiedliche Einsatzgebiete. Unter anderem stellen sich hierbei auch folgende besonders anspruchsvolle Herausforderungen:

  • Betrieb bei extrem hohen Drehzahlen (>1000 Hz)
  • Betrieb bei kleinen Drehzahlen bis hin zum Stillstand
  • Implementierung einer dynamischen Positionsregelung

Dazu werden zwei Effekte der PMSM ausgewertet. Zum einen ist das die rotatorisch induzierte Spannung, welche aufgrund der Proportionalität zur Drehzahl nur für den mittleren und hohen Drehzahlbereich geeignet ist. Für den Bereich kleiner Drehzahlen und sogar den Stillstand wird die sogenannte magnetische Anisotropie ausgewertet, welche den Unterschied zwischen den Induktivitäten der Längs- und Quer-Achse der Maschine beschreibt. Hierfür wird in der Regel ein zusätzliches Testsignal eingeprägt. In der nachfolgenden Prüfstandsmessung ist das geberlose Betriebsverhalten bei einer Änderung der Sollposition um 7,5 Umdrehungen unter Nennlast dargestellt.

Geberlose Regelverfahren für direkt-stromgeregelte Antriebe

In der Industrie steigt die Anzahl der Anwendungen mit permanenterregten Synchronmaschinen (PMSM) stetig an. Für deren Regelung wird jedoch die genaue Information der Rotorlage benötigt, weswegen oftmals ein Lagegeber eingesetzt werden muss. Dieser bringt jedoch auch einige Nachteile mit sich, wie höhere Kosten, erhöhter Platzbedarf und der Gefahr einer zusätzlichen Fehlerquelle. Aus diesem Grund gibt es, sowohl in der Industrie als auch gerade an Forschungseinrichtungen, Bestrebungen auf den Geber zu verzichten. Die hierfür übliche Lösung ist die Schätzung der Rotorlage aus anderen Messgrößen wie z. B. dem Motorstrom.

Die meisten bisher entwickelten Verfahren beziehen sich auf die sogenannte indirekte Stromregelung (linearer Regler mit Pulsweitenmodulation), welche für den niedrigen Drehzahlbereich hochfrequente Testsignale einprägt, um die Anisotropie der Maschine auswerten zu können. Diese Testsignale verursachen jedoch unerwünschte Geräusche und Drehmomentschwankungen. FPGA-basierte schnellere Verarbeitungssysteme bieten nicht nur die Möglichkeit der direkten Stromregelung, sondern versprechen auch eine bessere Auswertung der Anisotropie der Maschine bei gleichzeitig geringeren Amplituden des eingeprägten Testsignals.

Analyse von direkten Stromregelverfahren

Die direkte Stromregelung kann in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz kommen. Hierzu zählen in der Antriebstechnik die Regelung von Motoren und Antrieben und in die Energietechnik die Regelung von Netzeinspeisungen bspw. bei Photovoltaik-Anlagen. Im Gegensatz zur indirekten Regelung mit linearen Reglern (meist PI-Regler) und Pulsweitenmodulation (PWM) bietet sie Vorteile in Bezug auf die Dynamik, bei Parameterunsicherheiten und bei nichtlinearen und/oder unsymmetrischen Lasten. Aufgrund der nichtlinearen Kennlinie des Reglers, bestehend aus Hystereseglied mit zusätzlichen Schalttabellen, ist jedoch eine systematische, analytische und regelungstechnische Beschreibung verhältnismäßig schwieriger.

Um dieses nichtlineare Verhalten der direkten Stromregelung zu beschreiben, können keine der üblichen linearen regelungstechnischen Beschreibungsansätze verwendet werden. Auch linearisierte Darstellungen des Reglers wie die Beschreibungsfunktion führen zu unzureichenden bzw. ungenauen Ergebnissen. Deswegen müssen hier spezielle Beschreibungen und Analyse-Techniken zum Einsatz kommen. Als sehr vielsprechend hat sich dabei das sogenannte Tsypkin-Verfahren herausgestellt. Damit lassen sich exakte Berechnungen der Schaltfrequenz und des Tastgrads durchführen und das Übertragungsverhalten des geschlossenen Regelkreises bei beliebigen Strecken analysieren. Zudem kann auch eine Aussage über die Stabilität des Regelkreises getroffen werden.

Modellbasierte Fehlerdiagnose bei geregelten Synchronantrieben

Elektrische Antriebe müssen zunehmend steigende Anforderungen hinsichtlich ihrer Ausfall- und Funktionssicherheit erfüllen. Vor allem in Fällen sicherheitskritischer Anwendungen, wie beispielsweise in der Elektromobilität, autonomen Fahrzeugen oder kollaborativen Robotern müssen Antriebe besonders fehlertolerant sein. Um diese Fehlertoleranz zu schaffen, benötigt man im ersten Schritt ein Fehlerdiagnose-System, welches einen Fehler (z.B. einen ausgefallenen Sensor) schnellstmöglich detektiert bzw. lokalisiert.

Hierzu wird vermehrt analytische Redundanz in Form modellbasierter Beobachterverfahren eingesetzt. Der Beobachter stellt dabei ein Modell der Regelstrecke dar und schätzt unter Verwendung der Stell- und Messgrößen die Systemgrößen. Anschließend werden aus der Differenz von gemessenen und berechneten Größen die sogenannten Residuen bestimmt. Überschreitet ein Residuum (oder auch mehrere) einen im einfachsten Fall statisch festgelegten Grenzwert, so kann davon ausgegangen werden, dass ein Fehler im System aufgetreten ist. Dieser muss im nächsten Schritt noch exakt lokalisiert werden. Aufbauend auf dem durch die Fehlerdiagnose lokalisierten Fehler kann anschließend eine Rekonfiguration des Systems vorgenommen werden, sodass dieses auch im Fehlerfall weiterhin in Betrieb bleiben kann.

Aktive Geräuschunterdrückung

Die Akustik von elektrischen Antriebssystemen gewinnt heutzutage zunehmend an Bedeutung. Als Beispiel wäre hier die Automobilindustrie zu nennen, da immer mehr reinelektrisch angetriebene Fahrzeuge produziert werden und damit die Hauptgeräuschquelle Verbrennungsmotor entfällt. Dadurch werden andere Vibrations- und Geräuschquellen verstärkt wahrgenommen. Zudem steigt auch die Anzahl an elektrischen Antrieben und Aktuatoren in modernen Fahrzeugen stetig an.

Deswegen wurde die grundsätzliche Beeinflussbarkeit des Geräuschverhaltens am Beispiel eines Gleichstrommotors mittels einer veränderten Motoransteuerung nachgewiesen. Darüber hinaus wurden geeignete Algorithmen zur Beeinflussung des Geräuschverhaltens aus dem Bereich des Active Noise Cancelling (ANC) auf Motoren übertragen. Die besondere Herausforderung war, dass kein zusätzlicher Lautsprecher (Aktuator) eingesetzt wurde, sondern die Geräuschoptimierung durch eine adaptive Manipulation der Motorspannung erfolgte. Dabei konnte das akustische Verhalten so manipuliert werden, dass dominante Störanteile, welche durch den DC-Motor hervorgerufen werden, signifikant reduziert wurden. Die nachfolgende Abbildung zeigt einen Vergleich des Körperschallsignals anhand einer FFT zwischen dem Betrieb mit und ohne ANC. Es lässt sich erkennen, dass die betrachtete erste und zweite Harmonische beim Betrieb mit ANC deutlich abgeschwächt wurden.